Hormonelle Verhütung in der Perimenopause – Was du jetzt wirklich wissen musst
- Daniela Ullrich
- 26. Juli
- 5 Min. Lesezeit

💬 „Ich dachte, Verhütung ist mit 45 kein Thema mehr … und dann war ich plötzlich schwanger.“ Kommt dir dieser Satz bekannt vor – vielleicht aus dem Freundeskreis oder sogar aus deiner eigenen Geschichte? Die Perimenopause ist nicht nur eine hormonelle Achterbahnfahrt, sie bringt auch jede Menge Verunsicherung mit sich – gerade wenn es um das Thema Verhütung geht.
Aber keine Sorge: Wir klären auf. Gemeinsam mit der Gynäkologin und Sexualmedizinerin Helen Sange habe ich in einer MENOMIO-Podcastfolge tief in dieses sensible, aber essenzielle Thema hineingehört. In diesem Blogartikel findest du die wichtigsten Antworten, Tipps und Denkimpulse aus dem Gespräch – plus fundiertes Hintergrundwissen, das dir Sicherheit gibt.
🔍 Was bedeutet Perimenopause überhaupt?
Die Perimenopause ist die Phase vor der Menopause – also bevor deine Periode endgültig aufhört. Sie kann sich über mehrere Jahre erstrecken und ist oft geprägt von:
Unregelmäßiger Menstruation
Hitzewallungen & Nachtschweiß
Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsproblemen
und vielem mehr.
Gerade in dieser Phase denken viele Frauen: „Wenn die Periode eh aussetzt, kann ich mir Verhütung sparen.“ Aber genau das ist ein Trugschluss.
💣 Mythos: „In den Wechseljahren kann ich nicht mehr schwanger werden.“
Helen Sange bringt es auf den Punkt: „Die Frau, die 45 ist und schwanger werden möchte, hat schlechte Karten. Die Frau, die 45 ist und nicht schwanger werden möchte – auch.“
Heißt: Dein Eisprung kann noch stattfinden, auch wenn du monatelang keine Blutung hattest. Und: Gerade in der Perimenopause kann es sogar zu mehreren Eisprüngen in einem Zyklus kommen. Das macht natürliche Verhütungsmethoden wie Temperaturmessen oder Zyklus-Apps zu einem echten Glücksspiel. Hörtipp: Hormonelle Verhütung in der Perimenopause: Im Gespräch mit Helen Sange
🧠 Was hormonelle Verhütung in dieser Phase bewirkt – und was nicht
Verhütung: Ja. Schutz vor Symptomen: Jein.
Hormonelle Verhütungsmethoden – wie die Pille, die Minipille, die Hormonspirale oder das Verhütungspflaster – verhindern zuverlässig den Eisprung. Aber: Sie „überdecken“ manchmal auch den natürlichen Zyklus – und damit mögliche Anzeichen der beginnenden Wechseljahre. Helen erklärt:
„Mit Pillen oder hormonellen Präparaten kann man den Beginn der Perimenopause überdecken. Das heißt aber nicht, dass sie nicht trotzdem passiert.“
Das bedeutet: Auch wenn du hormonell verhütest, können sich Wechseljahressymptome zeigen – z. B. in Form von:
Brustschmerzen
Reizbarkeit
Gedächtnisproblemen
vaginaler Trockenheit
oder einem Verlust der Libido
🧴 Die wichtigsten hormonellen Verhütungsmethoden in der Perimenopause – im Überblick
Methode | Wirkung | Besonderheiten in der Perimenopause |
Kombipille (Östrogen + Gestagen) | Hemmt Eisprung durch doppelte Hormonwirkung | Ab 35+ oft kontraindiziert bei Risikofaktoren wie Migräne mit Aura, Rauchen, Übergewicht oder Bluthochdruck. Kein Schutz vor Wechseljahressymptomen. |
Minipille (Gestagen-only) | Hemmt Eisprung oder verändert Zervixschleim, je nach Wirkstoff | Besser verträglich bei Risikofaktoren. Zyklus kann unregelmäßig oder blutungsfrei sein. Kein Östrogenschutz. |
Hormonspirale | Lokales Gestagen (Levonorgestrel) wirkt auf die Gebärmutterschleimhaut | Reduziert Blutungen. Kein Schutz vor Östrogenmangel-Symptomen wie Hitzewallungen oder Schlafstörungen. |
Verhütungsring | Kombination aus Ethinylestradiol + Gestagen, lokal wirkend | Gleiche Wirkung wie Kombipille, aber niedrigere systemische Hormonlast. Seltenere Anwendung. |
Hormonpflaster | Transdermale Östrogen-Gestagen-Kombination | Wird selten zur Verhütung verwendet, ist aber eine elegante Lösung bei Unverträglichkeit oraler Formen. |
3-Monats-Spritze / Implantat | Depot-Gestagen (langwirksam) unterdrückt Eisprung | Gut für Frauen, die nicht täglich einnehmen wollen, aber: höheres Risiko für Knochendichteverlust – besonders kritisch in der Perimenopause. |
💡 Tipp von Helen Sange: Frauen mit einer Hormonspirale können – bei Anzeichen von Östrogenmangel (z. B. Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen) – bioidentisches Östrogen zusätzlich erhalten, z. B. als transdermales Gel oder Pflaster.
⏰ Muss ich die Pille absetzen?
Diese Frage stellen sich viele Frauen zwischen 40 und 50. Die Antwort ist wie so oft: es kommt darauf an.
Helen rät: „Einige Frauen sagen: Ich will endlich wissen, wie mein natürlicher Zyklus aussieht. Andere wollen keine Symptome riskieren und bleiben lieber bei ihrer bewährten Pille.“
Der Wechsel – etwa zur Minipille oder zur bioidentischen Hormontherapie – sollte immer ärztlich begleitet erfolgen. Vor allem dann, wenn du Risikofaktoren wie:
Bluthochdruck
Migräne mit Aura
Rauchen
Übergewicht mitbringst.
🚫 Nicht vergessen: Verhütung ≠ Hormonersatz
Ein wichtiger Punkt, den viele übersehen: Verhütungshormone sind nicht das gleiche wie eine Hormontherapie in den Wechseljahren. Warum?
➡️ Verhütung unterdrückt den Eisprung – aber sie gleicht nicht immer einen Östrogenmangel aus. ➡️ Viele Frauen erleben trotz Pille oder Spirale Symptome wie Schlafprobleme, Gelenkschmerzen oder trockene Haut – weil das benötigte Östrogen fehlt. ➡️ Bioidentische Hormone (z. B. Gynokadin-Gel oder Estradiol-Pflaster) wirken gezielter – aber verhüten nicht!
🔄 Der Übergang zur Hormontherapie – sinnvoll?
Ja, kann er sein. Besonders dann, wenn du:
deine hormonelle Verhütung beendest
Symptome wie Müdigkeit, Hitzewallungen oder Angstzustände entwickelst
dich ganzheitlich begleiten lassen willst
Gynäkologin Helen Sange sagt dazu: „Ich bin da, um die Spitzen abzurunden – nicht um deinen Zyklus zu regeln. Der macht, was er will. Aber ich kann es angenehmer machen.“
💡 Und was ist mit der Kupferspirale?
Nicht-hormonelle Methoden wie Kupferspirale oder Kondom funktionieren auch in der Perimenopause – vorausgesetzt, sie werden gut vertragen. Die Kupferspirale kann jedoch stärkere Blutungen und Periodenschmerzen verursachen – was gerade in der Perimenopause häufig ohnehin schon ein Thema ist. Helen bringt noch eine feministische Perspektive mit ein: „Liebe Männer – jetzt seid ihr mal dran. Nach Jahrzehnten Pille für uns: Warum nicht mal über Vasektomie nachdenken?“
🧭 Wann brauche ich keine Verhütung mehr?
Die WHO empfiehlt:
Unter 50 Jahren: → Zwei Jahre nach der letzten Regelblutung weiter verhüten
Über 50 Jahre: → Ein Jahr nach der letzten Blutung reicht aus
Denn: Auch eine einzige späte Eizelle kann noch einen Eisprung auslösen – und das Risiko ist zwar gering, aber nicht Null.
🎙 Fazit: Gut informiert = besser begleitet
Deine Verhütung gehört dir – auch in den Wechseljahren
Nur weil der Zyklus schwankt, ist das Thema Verhütung noch lange nicht erledigt – sondern ein echtes Power-Tool, wenn du weißt, was zu dir passt. Diese Lebensphase ist chaotisch genug – da darfst du dich auf deine Entscheidungen verlassen können.
Und genau deshalb: Lass dich gut begleiten. Klär deine Optionen. Und hör auf dein Bauchgefühl.
🧡 Ob Pille, Spirale, ... oder der gemeinsame Entschluss zur Vasektomie – du hast das Recht, selbstbestimmt zu entscheiden, was dein Körper jetzt braucht.
💡 Und wenn du unsicher bist, ob deine Methode noch passt – sprich mit deiner Gynäkolog:in. Vielleicht ist es Zeit für ein Update. Vielleicht auch nicht. Aber du weißt Bescheid. Und das ist echte Stärke.
🎧 Jetzt reinhören in die MENOMIO-Folge mit Helen Sange – sie räumt auf mit Mythen, erklärt verständlich und zeigt, wie du Schritt für Schritt deinen Weg finden kannst. Ganz ohne Panik. Dafür mit Wissen und ganz viel Selbstfürsorge.
📚 Fachwissen & Quellen zum Weiterlesen
🔹 Verhütung in der Perimenopause ist weiterhin notwendig Auch nach mehreren Monaten ohne Periode kann ein Eisprung – und damit eine Schwangerschaft – noch möglich sein. Quelle:📎 Weltgesundheitsorganisation (WHO) – Medical Eligibility Criteria for Contraceptive Use, 5th Edition
🔹 Hormonelle Verhütung „überdeckt“ die Wechseljahre, verhindert sie aber nicht Die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel kann Wechseljahres-Symptome maskieren – sie verhindert jedoch nicht den hormonellen Wandel. Quelle:📎 Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) – Hormonelle Kontrazeption bei Frauen über 40
🔹 Unterschiede zwischen Pille, Minipille, Hormonspirale & Co. Die genaue Wirkung der Präparate hängt vom enthaltenen Hormon ab – von Desogestrel bis Drospirenon. Quelle:📎 Embryotox.de – Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie
🔹 Bioidentische Hormone sind keine VerhütungsmittelSie wirken symptomlindernd, aber nicht empfängnisverhütend. Quelle:📎 Deutsche Menopause Gesellschaft (DMG) – Stellungnahme 2022
🔹 Hormonspirale + Östrogen als Kombination möglich Die Spirale liefert Gestagen – bei Östrogenmangel kann transdermales Estradiol ergänzt werden. Quelle:📎 Hormontherapie.de – Facharztinformationen zu Hormonspirale und Östrogenergänzung
🔹 Risiko durch Kombipille steigt mit Alter und Risikofaktoren Insbesondere bei Raucherinnen, Migräne mit Aura oder hohem Blutdruck steigt das Thrombose-Risiko. Quelle:📎 BZgA – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – Verhütung mit Hormonen und ihre Risiken
🔹 Vasektomie ist eine gleichwertige, sichere Verhütungsoption Ein kleiner Eingriff mit großer Wirkung – auch WHO empfiehlt die Methode. Quelle:📎 familienplanung.de, im Auftrag der DGU – dort findest du fundierte Infos zur Durchführung, Risiken, Erfolgsaussichten und Rückgängigmachbarkeit der Vasektomie
🔹 Wechseljahressymptome trotz hormoneller Verhütung möglich Hitzewallungen, Libidoverlust & Co. können auftreten – auch mit Minipille oder Spirale. Quelle:📎 North American Menopause Society (NAMS) – Clinical Updates: Menopause & Contraception